Fazit
In den vorherigen Abschnitten wurde der Film Der Besuch der alten Dame analysiert und interpretiert. Hierzu wurde auf Grundlage der Narrations- und Charakterentwicklung der Hauptakteure einer Interpretationshypothese generiert, welche die Wandlung einer zunächst anständigen Gemeinschaft in eine ausnutzende und gnadenlose Meute als Folge des Auftauchens eines Individuums mit einem Einzelschicksal thematisiert. Diese wurde in den Folgekapitel ausgehend von den filmstilistischen Mitteln der Mise-en-Scen, des Editings und der Grundmuster umfassend untersucht. Hierbei wurden bezüglich des Settings handlungsbestärkende Muster festgestellt, da es zeigte, wie die Bürger Güllens das Geld, welches durch den zukünftigen Tod Ills eingenommen wird, bereits schon zu seinen Lebzeiten für Erneuerungsarbeiten aufgeben. Einige Einsätze von Lichteffekten bewirken ebenfalls das Umrahmen und Vorantreiben der Handlung. Schon zu Beginn wird Güllen als eine verkommene Stadt präsentiert, die sich im Laufe des Films nur optisch und farblich, jedoch nicht in ihrem Charakter aufbessert, was sich durch einige Schattenspiele in den Gesichtern der schlimmsten Vertreter ausmachen lässt. Durch mystische musikalische Untermalung wird diese Wesensänderung dramatisiert und bestärkt. Die verwendeten Techniken des Stagings erleichtern dem Zuschauer das Verfolgen der Handlung und verdeutlichen durch kompositorische Feinheiten herrschende Machtbeziehungen und feindliche Gesinnungen in der Stadt Güllen. Mit Hilfe vieler Variationen des unsichtbaren Schnitts, wird dem Zuschauer im Rahmen des Editings eine vergleichsweise realistische Abfolge von Bewegtbildern geboten, die fast vergessen lässt, eine Aufnahme von Schauspielern vor sich zu haben. Die verwendeten Grundmuster in FOrm von Symboline, Vergleichen und Rahmungen stabilisieren den Betrachter innerhalb der für ihn ungewissen Handlungsentwicklung. Ihm werden dadurch Hilfen der Orientierung geboten, sodass so wenig Irritation wie möglich erreicht wird. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass folgende Interpretationshypothese auf Grundlage der stattgefundenen Filmanalyse verifiziert werden kann:
“Durch das Auftreten eines Individuums, welches ein Einzelschicksal durchlebt und zunächst blindes Vertrauen an den Tag legt, kann eine nach außen anständig und hilfsbereit wirkende Gemeinschaft zum ausbeuterischen, gnadenlosen, selbstgierigen und heuchlerischen Verhalten ihm gegenüber gebracht werden.”
Als Folge dieser Entwicklung startet Alfred Ill einen Fluchtversuch, welcher aufgrund der übrigens Güllener vereitelt wird. Die letzte Hoffnung, dem eingefahrenen Herrschaftsverhältnis gemäß Foucault zu entkommen, wurde somit genommen und der Protagonist findet in der Katastrophe aus unbekannter Ursache den Tod.