Die musikalische Gestaltung
Auch die musikalische Untermalung eines Dramas sollte mit herkömmlichen Konventionen brechen (vgl. Brecht 1938, S. 289). “Das Drama wurde an Gewicht leichter, [..] die Darbietungen der Theater gewannen artistischen Charakter” (Brecht 1938, S. 289). Aufgrund dessen findet eine “entscheidende [..] Vergrößerung des musikalischen Sektors” (Brecht 1938, S. 309) statt. So entstand auch das Konzept der gestischen Musik, welche dem Schauspieler die Möglichkeit zur Verfügung stellt, gewisse Grundgesten in sein Spiel einzubauen und vorzuführen (vgl. Brecht 1938, S. 295). Gestisch ist dabei nicht mit gestikulieren gleichzusetzen, es dient nicht der Unterstreichung und Erläuterung bestimmter Handlungen, sondern es soll eine bestimmte Haltung der Figur gegenüber anderen Protagonisten sowie der gesellschaftlichen Situation widerspiegeln (vgl. Brecht 1938, S. 304). Im Gegensatz dazu steht die in Dramen oft verwendete ernste Musik, welche dem Schauspiel einen individuellen Ausdruck zuweist (vgl. Brecht 1938, S. 295). So soll nun mithilfe der Texte sowie der musikalischen Komposition die politische bzw. gesellschaftskritische Haltung wiedergegeben werden und den Menschen dazu verhelfen, selbst kritisch-distanziert zu beurteilen und zu agieren (vgl. Brecht 1938, S. 304f). Soll also ein Phänomen verächtlich, zustimmend oder zornig wahrgenommen werden, so kann dies durch die verwendete Musik hervorgehoben werden (vgl. Brecht 1938, S. 308). Musik soll Inhalte vermitteln und stellungsnehmend wahrgenommen werden (vgl. Brecht 1930, S. 126).
Folgendes Beispiel zeigt nun die Ausgestaltung einer musikalischen Szene aus dem Brechtchen Werk "Die Dreigroschenoper", aufgeführt durch das Ensemble Modern Frankfurt. Es ist zu erkennen, dass das Lied allein stehend und inhaltsvermittelnd erscheint. Thematisch ist das Stück provozierend.
[Video 1: Musikverwendung in der Dreigroschenoper]
Betrachtet man Musik im Film, so ist, laut Brecht (1938), deren Einsatz inflationär. “Man ertränkt die Dialoge in Musik” (vgl. Brecht 1938, S. 313). Dabei soll Filmmusik die Handlung meist unterstreichen, den Zuschauer involvieren (vgl. Brecht 1938, S. 314). Dem könnte mittels einer Trennung der Elemente entgegen gewirkt werden (vgl. Brecht 1938, S. 325). Dies würde die Teilnahme des Musikers beim Entstehungsprozess des Filmes voraussetzen. Es könnte eine Isolation der Bestandteile Musik und Aktion realisiert und einige Handlungen von der musikalischen Komposition ersetzt werden (vgl. Brecht 1938, S. 325). Wird eine Gewaltszene beispielsweise mit heiterer Musik unterlegt, so wird der Tonfolge ein eigenständiger Charakter zugeschrieben, der Mord wirkt so unnatürlicher und die Zuschauer werden in einen Zustand der Reflexions versetzt (vgl. Brecht 1938, S. 326). Dies bedingt ebenfalls einen sparsamen und zielorientierten Einsatz musikalischer Gestaltung (vgl. Brecht 1938, S. 326f).